Page 52 - OSP Magazin 1 - 2024
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HELDEN DER HAUPTSTADT
Felicia Laberer kämpft in Paris mit
den eigenen Erwartungen
Nach Bronze bei ihrer Paralympics-Premiere in Tokio will Para-Kanutin Laberer auch in Paris eine Medaille.
Eine mentale Herausforderung.
Der 2. August wird für Felicia Laberer ein echtes eine Medaille werden, und vielleicht diesmal nicht
Highlight. Dann ist die Para-Kanutin in der Park- Bronze. Aber das wird verdammt schwer.“
bühne Wuhlheide, bei einem Konzert von Alliga- Ihre größte Konkurrentin im Kampf um Paralym-
toah, ihrem Lieblingsrapper. Was für die einen pics-Gold ist die Britin Laura Sugar. Die 33-Jährige
ein launiger Abend wird, soll für die Berlinerin ein überquerte bei der Weltmeisterschaft in diesem
Schlüsselmoment werden. Auf ihrem Weg zu den Jahr eine Sekunde vor ihrer Landsfrau Hope Gor-
Paralympics in Paris. don und zwei Sekunden vor der Französin Nelia
Barbosa die Ziellinie. Die Kanutin, die bis
Vom 28. August bis zum 8. September treten 4400 2016 auch als Leichtathletin antrat,
Athleten aus über 180 Nationen in 22 Sportarten fährt in einer eigenen Liga, ist un-
und 549 verschiedenen Wettbewerben an. Die geschlagen.
23-Jährige ist bereits zum zweiten Mal beim welt-
größten Sport-Event im Para-Sport mit dabei. Das liegt allerdings auch an
Doch nach den Sommerspielen in Tokio, wo sie ihrer Behinderung. Sugar
sensationell die Bronzemedaille in der Startklas- wurde mit einem Klump-
se KL3 im Kajak-Einer über 200 Meter gewonnen fuß geboren, eine Ope-
hatte, fiel sie in ein Loch. Ein Tief, das viele Leis- ration im Kindesalter
tungssportler kennen. Über das aber kaum jemand konnte das Problem
spricht. nicht gänzlich be-
heben, weshalb ihr
Dass es allerdings durchaus hilfreich ist, sich Knöchel bis heute
jemandem anzuvertrauen, musste Felicia Laberer versteift ist. Im
auch erst lernen. Sie sprach mit ihrem Trainer, Vergleich zu
merkte, dass sie mit ihren Problemen nicht allein Laberer, die seit
ist – und kämpfte sich auch mit der Unterstützung ihrer Geburt ei-
einer Sportpsychologin wieder zurück. nen verkürzten
Jetzt, vor den Paralympics in Paris, hat die Europa- Unterschenkel
meisterin von 2023 ein paar Vorkehrungen getrof- hat, ist die
fen. Anders als 2021, als sie sich vor den Spielen Britin weniger
komplett zurückzog, kaum Freunde traf, auch aus eingeschränkt.
Angst vor einer Corona-Infektion, stehen soziale
Kontakte – und eben Konzertbesuche – mit im Vor- „Es ist im paralympi-
bereitungsplan. schen Sport so, dass versucht
wird, die Behinderungen möglichst nah aneinander
„Ich habe vor den Spielen auf alles verzichtet, was einzuteilen. Das funktioniert halt nicht immer“,
Spaß gemacht hat“, erinnert sich Laberer in „Hel- erzählt Felicia Laberer. „Sie ist schon körperlich
den der Hauptstadt“, dem Podcast des Olympia- bevorteilt.“
stützpunkts Berlin und der Berliner Morgenpost.
„Das ist jetzt anders. Es ist alles so geplant, dass Das hat den Siegeswillen der Berlinerin, die in Grü-
ich die Lockerheit beibehalte.“ nau ihren Trainingsmittelpunkt hat, nicht gebrochen.
„Ich habe diese Saison so viel trainiert, wie nie zuvor.
Auch weil der Druck dieses Mal noch größer ist. Ich hoffe, dass ich es darüber regeln kann, oder
Erwartungen von außen lässt die Kanutin nicht an darüber, dass ich noch um einiges jünger bin“, sagt
sich heran. „Aber ich habe ja auch selbst Erwar- Laberer und lacht. Zehn Jahre liegen zwischen der
tungen an mich“, erklärt sie. „Es soll eben wieder Paralympics-Dritten und ihrer ärgsten Rivalin.
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