Page 50 - OSP Magazin 1 - 2024
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HELDEN DER HAUPTSTADT
Fünfkämpferin Zillekens:
„Ich hinterfrage alles noch mehr“
Olympia in Tokio 2021 hat Annika Zillekens‘ Leben verändert. In Paris will sie einen
versöhnlichen Abschluss ihrer Karriere finden.
Es wird ein Abschied auf so vielen Ebenen. Von den In Paris wird sie deswegen im
Olympischen Spielen, von der eigenen Karriere, vom Fokus stehen, das weiß die
Modernen Fünfkampf in seiner gewohnten Form. Athletin vom TSV Spandau
Auf Annika Zillekens wartet ein besonders emo- 1860. „Meine Sportpsycho-
tionaler Sommer. In Paris wird die 34-Jährige zum login hat mich auch schon
letzten Mal im Reiten, Fechten, Schwimmen und im darauf angesprochen, ob es
Laser-Run antreten, danach ist Schluss mit Leis- mich hemmen wird“, erzählt
tungssport. Zillekens. „Momentan
glaube ich das nicht.“ Noch
„Die Entscheidung war sehr vielschichtig. Ich hatte sind es aber auch neunein-
mal überlegt, schon nach Tokio aufzuhören“, er- halb Wochen bis zu den
zählt die Berlinerin in „Helden der Hauptstadt“, dem Spielen.
Podcast des Olympiastützpunkts Berlin und der Qualifiziert hat sie sich
Berliner Morgenpost. „Aufgrund der Vorkommnisse dank starker Leistun-
habe ich mich dann aber dazu entschieden, weiter- gen im vergan-
zumachen. Ich hatte eine sehr positive Karriere, es genen Jahr
war mein Leben, es hat mir immer Spaß gemacht, und bei
und ich wollte meine Karriere positiv beenden.“ einem
Diese Vorkommnisse, von der die Team-Weltmeis-
terin von 2021 spricht, werden sie auch bei diesen
Spielen begleiten. Olympia in Tokio wird für immer
ein Teil ihrer Geschichte sein. Nicht wegen des
sportlichen Erfolgs. Sondern wegen der Bilder, die
um die Welt gingen. Annika Zillekens, damals
noch unter ihrem Mädchennamen Schleu
unterwegs, lag auf Goldkurs, als Pferd
Saint Boy mehrfach verweigerte. Gerte
und Sporen kamen zum Einsatz, Bun-
destrainerin Kim Raisner, die später
suspendiert werden sollte, rief „Hau
drauf, hau richtig drauf“ und schlug
das Pferd mit der Faust. Es hagelte
Kritik von allen Seiten – inklusive
Morddrohungen in den sozialen
Netzwerken.
„Man muss nicht versuchen, diesen
Teil meiner Sportkarriere auszuschnei-
den. Er gehört zu mir“, sagt Annika Zil-
lekens. „Mich hat dieser Vorfall noch mal
sensibler gemacht. In dem, was ich tue, wie
weit ich gehen würde, wann ich sagen würde,
dass es nicht funktioniert mit mir und dem Pferd.
Ich habe begonnen, alles noch kritischer zu sehen,
alles noch mehr zu hinterfragen.“
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