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Trainingswissenschaften


         Langfristige athletische Leistungsentwicklung // Matti Peitz & Nils Freitag



                                                                      portler*innen kommen zunehmend schlechter all-
                                                                      gemein-motorisch und allgemein-athletisch vorbe-
                                                                      reitet im Nachwuchsleistungssport an – mit oft gra-
                                                              S vierenden Folgen für die weitere Entwicklung und
                                                              die sportliche Karriere.  Diese Wahrnehmung aus der Praxis
                                                                                 1, 2
                                                              wird durch die wissenschaftliche Literatur und statistische
                                                              Zahlen untermauert. Seit Ende der 1980er nehmen weltweit
                                                              die Kraft- und Ausdauerleistungsfähigkeiten von Kindern und
                                                              Jugendlichen ab.  Allein in Deutschland erfüllen lediglich ca.
                                                                            3
                                                              22-29 % der Jungen und Mädchen im Alter von 3 bis 17 Jah-
                                                              ren die täglichen Bewegungsempfehlungen der Weltgesund-
                                                              heitsorganisation (WHO). 4

                                                              Eine langfristige allgemein-athletische Leistungsentwicklung
                                                              sollte daher sowohl aus präventiven als auch sportlichen As-
                                                              pekten fest in den einzelnen Nachwuchsleistungssportsyste-
                                                              men  verankert  sein.   Dieser  Artikel  gibt  nachfolgend  einen
                                                                               2
                                                              Überblick über die Thematik und greift zudem die weiterhin
                                                              vorherrschenden Vorurteile von Athletik- und Krafttraining im
                                                              Kindes- und Jugendalter auf.

                                                              Grundsätzlich lassen sich die zu entwickelnden athletischen
                                                              motorischen Fähigkeiten in acht Kategorien unterteilen (Abb.
                                                              1, in Anlehnung an Radnor et al., 2020 ). Für die Entwicklung
                                                                                              6
                                                              einer soliden und nachhaltigen sportmotorischen Basis sind
                                                              die Effekte von einem Athletik- und Krafttraining im Kindes-
                                                              und Jugendalter von elementarer Bedeutung. In der interna-
                                                              tionalen sportwissenschaftlichen Literatur und Trainingswis-
                                                              senschaft herrscht diesbezüglich ein klarer, befürwortender
                                                              Konsens. So führt ein 4-12-wöchiges Krafttraining zu beachtli-
                                                              chen Steigerungen der Muskelkraft (12-25 %), fundamentaler
                                                              Bewegungsfähigkeiten (3-15 %, z.B. Sprinten, Springen, Rich-
                                                              tungswechsel) oder der Kraftausdauer (8-41 %). Ebenso wird
                                                              die Wahrscheinlichkeit von Verletzungen der Knie- (45-83 %)
                                                              und Sprunggelenke (44-86 %) oder Überlastungserscheinun-
                                                              gen (40-50 %) stark reduziert (Abb. 2). 7

                                                              Im Rahmen des Landeskaderprojektes zeigt sich, dass im Ber-
                                                              liner Nachwuchsleistungssport die Vermittlung der allgemei-
                                                              nen motorischen athletischen Fähigkeiten oftmals in unzu-
                                                              reichendem Maße bzw. sehr spät, zu einseitig oder gar nicht
                                                              vollzogen wird. Dies spiegelt sich oft in einer geringen Kraft-
                                                              trainingskompetenz und Ausprägung der (Maximal-) Kraftfä-
                                                              higkeiten vieler Berliner Nachwuchssportler*innen wider.
                                                              Zusätzlich werden von Trainer*innen immer wieder Beden-
                                                              ken, Ängste oder Irrglaube bezüglich des Krafttrainings, ins-
                                                              besondere des Maximalkrafttrainings im Kindes- und Jugend-
                                                              alter an uns herangetragen - auf die zwei häufigsten Irrtümer
                                                              wird nun im Speziellen eingegangen:










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