Mariama Jamanka: Abschied, OP und Rückkehr in die Heimat

18. Oktober 2022 | Allgemein

Dass die Ex-Leichtathletin in der Saison 2018/2019 als Pilotin den Weltmeistertitel und den Gesamtweltcup-Sieg im Bob einfahren konnte, war nahezu unglaublich. Ein Erfolg jagte den nächsten, doch nach ihrer Silbermedaille bei den Olympischen Spielen in Peking beendete Mariama Jamanka ihre Vorzeige-Karriere. Die 32-Jährige kümmerte sich um ihre Gesundheit und begann ein neues Kapitel in ihrem Leben: Sie kehrte im Sommer in ihre Heimat Berlin zurück und studiert hier seit kurzem Psychologie an der Freien Universität.

Foto: camera4

Mariama, Du bist nach Berlin zurückgekehrt, um zu studieren. Stand das schon länger fest?

Ja. Ich studiere jetzt im ersten Semester Psychologie an der Freien Universität Berlin und hatte das auch genauso geplant. Für mich war immer klar, dass ich nach Berlin zurückkomme, sobald ich mit dem Bobfahren aufhöre.

Machst Du nebenbei noch Sport?

Ich würde jetzt normalerweise vieles ausprobieren, was neben dem Profi-Sport aus verschiedenen Gründen nicht möglich war. Aber aktuell muss ich mich schonen, da ich mir im Sommer meinen Gleitwirbel versteifen lassen habe. Er ist ein kleines Souvenir aus meiner Bob-Zeit, das mir schon länger einige Probleme bereitet hat. Die Heilungszeit ist recht lang und ich kann nicht viel an Sport machen. Ich will aber auf jeden Fall im Winter, wenn ich wieder trainieren kann, neues ausprobieren.

Was denn zum Beispiel?

Volleyball wäre toll. Ich bin zwar nicht besonders gut darin, hätte aber Lust darauf. Oder ich gehe ins Fitnessstudio und mache Kurse wie Spinning, Zumba und GrossFit. Ich würde auch gerne wieder Squash spielen, denn das habe ich früher hobbymäßig recht oft gemacht. Da war die Verletzungsgefahr allerdings recht groß, so dass es während meiner Profi-Zeit eben nicht ging. Hochschulsport kann ich mir im Sommer auch gut vorstellen, Wassersport zum Beispiel.

Vor Deiner Leichtathletik-Karriere hast Du Ballett und Karate gemacht, bist geritten und geschwommen. Was liegt Dir eher: Kraft oder Ausdauer?

Ich bin jemand, der gern Sport macht, Ausdauer liegt mir aber tatsächlich nicht. Ich glaube, ich kann mich dafür relativ schnell in koordinative Sachen reinfinden und bin gut in Kraft und Schnelligkeit, was im Bobfahren, aber auch vorher schon meine Stärke war. Mich begeistern zudem Bewegungsabläufe, weshalb ich auch gern Neues lerne. Bei Karate, Ballett, Reiten und Tennis war das auch schon so.

Kam das Problem mit Deinem Gleitwirbel erst beim Bobfahren zum Vorschein oder schon eher?

Das ist relativ schwierig zu sagen. Ein Gleitwirbel ist oftmals genetisch bedingt oder kann durch einen Unfall entstehen. Mein Gleitwirbel wurde 2013 festgestellt, ich habe ihn aber mit Stabilitätstraining gut in den Griff bekommen. Durch die Jahre und das Bobfahren wurde es dann leider schlimmer. Den Bob zu heben und zu tragen, hoch und runter – das sind ja mindestens 170 Kilo, die man da rumschleppt! Das Ganze war nicht so günstig für den Wirbel, schon gar nicht ohne Aufwärmung. 2019 habe ich dann viele chronische Probleme gehabt, die mit Training nicht mehr zu beheben waren, so dass eine Lösung hermusste. Für das Richten hätte ich mindestens eine Saison aussetzen müssen, deshalb hatte ich mir das Ziel gesetzt, es nach dem Sport gleich anzugehen.

Was spielte noch mit in Deine Entscheidung hinein, im April mit dem Profi-Sport aufzuhören?

Ich wusste schon vor fünf, sechs Jahren, dass ich 2022 mit dem Leistungssport aufhöre, einfach weil ich diesen fixen Punkt brauchte. Ich wollte nicht in die Verlegenheit kommen, immer weiterzumachen und dann meinen Zenit zu übersteigen, so dass dann jemand anderes mein Karriereende bestimmt oder ich unzufrieden gehe. Irgendwann reicht es nun mal nicht mehr für die Nationalmannschaft, den A-Kader oder was auch immer. Dass ich vor meinem Abschied noch eine Silbermedaille bei den Olympischen Spielen gewonnen habe, war natürlich perfekt. Ich hätte aber auch ohne die mit dem Profi-Sport aufgehört.

Jetzt studierst Du Psychologie. Ist es das Mentale, das Dich reizt, weil Du es schon während Deiner Sportkarriere im Griff haben musstest?

Das war sicherlich auch ein Grund, denn als Sportler muss man sich sehr viel mit sich selbst beschäftigen und über sich wissen. Kopf und Körper müssen zusammenspielen. Ich fand es aber schon immer spannend, das menschliche Gehirn zu verstehen.

Bist Du trotzdem noch Sportsoldatin?

Nein.  Ich war bis zum 30. September Sportsoldatin der Bundeswehr und bin nun aus der Sportfördergruppe raus. Da ich aber circa neun Jahre bei der Bundeswehr war, werde ich noch über eine gewisse Zeit weiter von ihr finanziell unterstützt. Das ist natürlich toll, um mich aufs Studium konzentrieren zu können.

Welches Ziel verfolgst Du mit ihm?

Ich möchte gern in den therapeutischen Bereich, noch ist aber alles offen.

Hast Du noch Kontakt zu Deinem Bob-Team und dem BRC Thüringen?

Natürlich. Man hat ja sehr viel Zeit miteinander verbracht und es sind auch Freundschaften entstanden. Man bekommt noch vieles mit und wird vom BRC eingeladen. Und auch wenn es seltsam ist, nicht mehr dabei zu sein, möchte ich dranbleiben und mich ab und an auch in Thüringen blicken lassen.

Wie war das Gefühl, zurück in der Heimat zu sein?

Es war schon komisch, denn ich war seit 2013 in Thüringen und Berlin hat sich in der Zwischenzeit natürlich verändert. Außerdem komme ich aus Berlin-Reinickendorf und wohne jetzt in Tempelhof, was ein ganz anderes Terrain ist und nicht mehr mein Kiez. Aber zum Glück habe ich schneller als erwartet eine eigene Wohnung gefunden und richte mich gerade ein.

Der OSP Berlin ist für Dich jetzt auch wieder näher…

… und ich bin ihm sehr dankbar, denn er hat mir geholfen, meinen Plan zu studieren umzusetzen. Klar hatte ich bereits einige Wartesemester, aber ich bin auch ein paranoider Mensch.

Und was heißt das?

Ich versichere mich gern doppelt und dreifach, dass das, was ich plane, auch funktioniert!

Auf einer anderen Ebene, nämlich beim Motorradfahren, liebst Du das Risiko.

Das ist aber ein kalkuliertes wie auch beim Bobsport! Es kann immer was passieren, klar, aber man kann das gut kontrollieren. Für mich ist eher so etwas wie Skispringen der komplette Wahnsinn. Aber gut, ich habe auch Höhenangst. Geschwindigkeit finde ich wiederum toll, deshalb ja auch der Bobsport.

Wo befinden sich Deine Pokale und Medaillen jetzt – in Berlin?

Ich habe sie tatsächlich mit nach Berlin gebracht, die meisten sind aber noch bei meinen Eltern in Reinickendorf im Safe. Da bin ich tatsächlich eher ängstlich, dass mit ihnen was passiert. Nach den Olympischen Spielen nimmt man sie noch mit auf Reisen, weil man ja stolz ist auf das Erreichte, aber dann müssen sie irgendwo sicher aufbewahrt werden.

Welche Träume sind jetzt noch offen?

Ich hoffe, dass ich mein Studium gut abschließen kann und mir vieles ermögliche, auch privat.

Interview: Cäcilia Fischer

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