Karolina Pahlitzsch und der ungewöhnliche Weg bis in die deutsche Spitze

2. September 2020 | Allgemein

Als Zweite über 400 Meter steigerte Karolina Pahlitzsch (LG Nord Berlin) ihre Bestleistung bei den Deutschen Meisterschaften in Braunschweig um mehr als sieben Zehntel. Mit jetzt 51,88 Sekunden dürfte die 26-Jährige auch für die DLV-Staffel zu einer festen Stütze werden. Die Konstante an ihrer Seite auf ihrem ganz eigenen Weg: Trainer Bernd Knobloch.

Als der Konkurrenz die Puste ausging, fasste Karolina Pahlitzsch noch einmal neuen Mut. Eingangs der Zielgeraden lag die Berlinerin im Finale über 400 Meter bei den Deutschen Meisterschaften in Braunschweig noch zurück. Aber dann zündete sie den Turbo, ließ eine Läuferin nach der anderen stehen und stürmte an ihnen vorbei. Nur die Siegerin Corinna Schwab (LG Telis Finanz Regensburg) war am Ende nicht mehr einzuholen, sie sorgte in 51,72 Sekunden für die schnellste DM-Zeit seit 2001. Doch gleich dahinter kam Karolina Pahlitzsch, die mit 51,88 Sekunden und einer Steigerung ihrer Bestleistung um gleich 72 Hundertstel einen großen Anteil daran trug, dass man sich an das Rennen in Braunschweig noch lange erinnern wird.

Zum ersten Mal seit 19 Jahren liefen gleich zwei Athletinnen unter 52 Sekunden. Auch Pahlitzsch blickte danach etwas ungläubig auf die Anzeigetafel. „Das hatte ich absolut nicht erwartet“, sagt sie. Zwar hatte sie auch schon im Vorjahr bei den Deutschen Meisterschaften in Berlin Silber geholt, damals in 52,87 Sekunden. Doch das Jahr 2020 war bis zur DM bislang alles andere als optimal verlaufen, und das nicht nur wegen Corona.

Schwierige Vorbereitung

Im vergangenen Dezember war die 26-Jährige nach Beendigung ihres Studiums aus den USA nach Deutschland zurückgekehrt. In Berlin trainierte sie erstmals seit drei Jahren wieder in der Halle und plagte sich prompt mit Knieproblemen und einer Knochenhautentzündung herum. An die steilen Kurven in der Halle musste sich ihr Körper erst wieder gewöhnen. In Arizona war es warm genug gewesen, um ganzjährig draußen zu trainieren.

Hinzu kamen der Wechsel der Trainingsgruppe und des Vereins. Bei der LG Nord Berlin war sie auf einmal die einzige Frau in der Truppe. „Da kam schon einiges zusammen“, sagt Karolina Pahlitzsch. Wo sie die Leistungssteigerung bei der DM hergeholt hat, weiß sie deshalb selbst nicht so genau. „Vielleicht brauche ich den Druck, um Leistung zu bringen“, vermutet sie. „Ich hatte Glück, dass ich mich auf Bahn drei einfach hinten dranhängen konnte. 100 Meter vor dem Ziel habe ich dann gemerkt, dass die anderen noch nicht allzu weit weg sind und langsamer werden. Das hat mir noch einmal einen zusätzlichen Schub gegeben.“

Neuer Verein, alter Trainer

Fünf Jahre verbrachte Pahlitzsch in den USA, um zu studieren. Zunächst an der University of Nebraska-Lincoln, später dann an der University of Arizona in Tucson. Weil sich jedoch die Kommunikation zwischen den Trainern in den USA und in Deutschland schwierig gestaltete – so trafen zum Beispiel Trainingspläne zu spät ein –, kehrte sie Ende 2019 in die Heimat zurück.

Sie schloss sich der LG Nord Berlin an, einer der führenden Vereine in der Hauptstadt. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass ihr langjähriger Coach Bernd Knobloch ebenfalls mitgehen durfte. „Ich wollte meinen Trainer nicht verlassen. Wir arbeiten jetzt seit zehn Jahren zusammen und haben deshalb einen Verein gesucht, der uns beide aufnimmt“, sagt sie. Bei der LG Nord hat sie mit Nadine Großkopf jetzt noch eine zweite Betreuerin an ihrer Seite. Großkopf und Knobloch teilen sich die Aufgaben. Bis 2019 startete Pahlitzsch noch für den SV Preußen Berlin, davor trug sie das Trikot der LG Nike Berlin und des LAC Berlin. Mit der Leichtathletik begonnen hatte sie einst beim TSV Tempelhof-Mariendorf.

Hoffnung auf die Staffel

Mit Pahlitzsch hat die LG Nord eine weitere Athletin bekommen, die auch international die Farben des Vereins vertritt. Zwei Mal war sie bisher Teil des DLV-Teams bei einem Großereignis der Erwachsenen: 2018 bei den Europameisterschaften in Berlin, als sie mit der 4×400-Meter-Staffel Sechste wurde, und bei der WM 2019 in Doha (Katar), wo sie Teil der deutschen Mixed-Staffel war, die allerdings schon im Vorlauf die Segel strich.

Die 4×400-Meter-Staffel der Frauen war in Doha gar nicht erst vertreten. Nach der jüngsten Leistungsexplosion in Braunschweig, wo im Finale gleich fünf Langsprinterinnen persönliche Bestleistungen erzielten, stehen die Chancen für die kommenden Aufgaben deutlich besser. „Wir haben uns alle gesteigert. Wenn wir das auf Staffel übertragen können, haben wir gute Chancen, bei Olympia dabei zu sein“, meint Karolina Pahlitzsch. Wobei sie auch dem Mixed gegenüber offen ist: „Ich laufe beide Staffeln gern“, sagt sie.

Zweite Option über die Hürden

Auch mit Blick auf die 400 Meter Hürden will sich die Berlinerin nicht festlegen. In der Vergangenheit startete sie schon des Öfteren über die Langhürden und war dabei national und international äußerst erfolgreich. Unter anderem wurde sie 2011 Deutsche U18-Meisterin und kam bei der U18-WM bis ins Halbfinale; 2013 wurde sie Vizemeisterin und EM-Siebte in der U20; 2014 dann auch Vizemeisterin bei den U23-Juniorinnen. Bei den Deutschen Meisterschaften der Aktiven belegte sie zuletzt 2016 Rang sechs.

„Wir trainieren die Hürden immer noch regelmäßig“, sagt sie. „Das ist eine willkommene Abwechslung vom reinen Lauf- und Sprinttraining. Ich möchte mir einfach diese Möglichkeit offenhalten. Mit meiner jetzigen 400-Meter-Zeit kann ich auch über die Hürden noch einmal einen Sprung mache.“ Oberste Priorität haben aktuell dennoch die Flachstrecke und die Staffel.

 

Philip Häfner

Quelle: www.leichtathletik.de/news

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