Eine grandiose Stimmung beim 82. ISTAF am Sonntagnachmittag im Berliner Olympiastadion: 37.000 Zuschauer bejubelten glückliche Gewinner wie Julian Weber vom USC Mainz. Der Europameister, der in Berlin lebt und für den OSP antritt, ließ seinen Speer auf 84,90 Meter segeln. Damit war ihm der Sieg nicht zu nehmen. „Es war ein Mega-Feeling, hier ins Stadion zu kommen. Wenn man so angekündigt und unterstützt wird und weiß, dass jeder im Stadion für einen da ist, dann macht das stolz und spornt an. Ich habe es genossen und die Stimmung aufgesaugt“, strahlte Julian Weber nach seinem ersten ISTAF-Sieg.
Wenige Minuten zuvor hatte auch Malaika Mihambo für einen Sieg der deutschen Leichtathleten gesorgt. Die Weitsprung-Olympiasiegerin flog gleich im ersten Versuch auf 6,92 Meter – an diese Weite kam keine Konkurrentin heran. „Es war heute eine Super-Stimmung. Leider waren die anderen Versuche knapp ungültig, die waren sogar noch weiter“, bedankte sich die Weltmeisterin nach ihrem Sieg im Olympiastadion.
Seinen ISTAF-Hattrick machte Karsten Warholm über 400 Meter Hürden perfekt. Der Weltrekordler aus Norwegen stürmte in seiner typischen Art offensiv vornweg und war mit 47,24 Sekunden absolut ungefährdet. Seinen eigenen ISTAF-Rekord verpasste er nur um 16 Hundertstelsekunden. „Ich war als Kind schon in Berlin, dann folgte die tolle EM 2018. Ich komme nächstes Jahr wieder“, sagte Karsten Warholm. Als Dritter steigerte Joshua Abuaku seine Bestleistung auf 48,55 Sekunden. „Die Atmosphäre war richtig geil. Das unterstreicht, dass die Leute Bock auf Leichtathletik haben“, jubelte der Frankfurter.
Für Weltklasse-Leistungen sorgten die Sprinter und Hürdensprinter. Zum Abschluss des ältesten Leichtathletik-Meetings der Welt stürmte US-Sprintstar Noah Lyles in 9,95 Sekunden zum 100-Meter-Sieg. Damit steigerte der 200-Merer-Weltmeister seine Saisonbestzeit deutlich. „Noah hat mich gefragt, ob ich ein Leichtathletik-Meeting mit cooler Stimmung kenne. Da habe ich ihm gesagt, dass er unbedingt beim ISTAF starten muss“, erklärte Gina Lückenkemper. Die Doppel-Europameisterin vom SCC Berlin trainiert mit Noah Lyles in Florida und schrieb im Olympiastadion mehrere Stunden lang Autogramme. „Den ISTAF-Rekord dürfte ich damit geknackt haben.“ Die Nachwirkungen ihrer Sturz-Verletzung im Münchner EM-Finale hatte einen Start im Olympiastadion verhindert.
So sprintete über 100 Meter Daryll Neita in glatten 11,00 Sekunden zum Sieg. Mit exakt derselben Zeit hatte die Britin im EM-Finale Rang drei hinter Europameisterin Gina Lückenkemper belegt. Über 100 Meter Hürden kratzte Tobi Amusan am Meetingrekord. Mit 12,45 Sekunden verfehlte die Weltrekordlerin aus Nigeria die ISTAF-Bestleistung aus dem Jahr 1986 von Jordanka Donkowa (Bulgarien) nur um sieben Hundertstel. Die 110 Meter Hürden entschied Weltmeister Grant Holloway (USA) mit starken 13,05 Sekunden für sich.
Das Trio sicherte sich zum Abschluss der ISTAF-Serie mit dem ISTAF INDOOR in Düsseldorf und Berlin sowie dem ISTAF im Olympiastadion die mit jeweils 5000 US-Dollar dotierte ISTAF-Trophy. Sie hatten nach drei Stationen am meisten Punkte gesammelt. Über 100 Meter der Männer ging die Trophy an Arthur Cissé (Elfenbeinküste), der am Sonntag nach starken Hallenrennen im Winter Sechster (10,29 sec) wurde. Im Weitsprung ging der Trophy-Sieg an Malaika Mihambo, während im Stabhochsprung Menno Vloon den Tages- und Trophy-Sieg sowie den neuen Landesrekord von 5,88 Metern klarmachte.
Für Valerie Allman wird das Olympiastadion immer mehr zu ihrem Wohnzimmer. Die Diskus-Olympiasiegerin aus den USA warf im letzten Versuch unter dem Jubel der 37.000 Fans die Ein-Kilo-Scheibe auf 70,06 Meter. Es war der fünfte 70-Meter-Wettkampf ihre Karriere. Nur sie selbst hat beim ISTAF und weltweit in diesem Jahr weiter geworfen. „Ich bin so glücklich, dass ich nach WM-Bronze beim ISTAF zeigen konnte, wie weit ich wirklich werfen kann. Ich liebe es, in Deutschland anzutreten. Ich liebe das Publikum und das Stadion. Es gibt mir so viel Energie“, jubelte Valarie Allman über ihre Top-Leistung und die tolle Unterstützung der Fans.
Zufrieden war auch die Olympia-Zweite Kristin Pudenz (SC Potsdam) mit ihrem Wettkampf. Sie belegte mit 65,20 Metern Platz zwei. „Das passt beides, denn technisch war es nicht optimal“, so die EM-Zweite. Emotional wurde es ganz zum Schluss des Diskus-Wettbewerbs. Denn Nadine Müller (SV Halle) war es vorbehalten, den letzten Wurf ihrer langen Karriere als finale Werferin durchzuführen. „Der Kreis schließt sich hier, denn im Olympiastadion hat als WM-Sechste 2009 meine Karriere begonnen. Es hat mega viel Spaß gemacht, auch wenn es tränenreich war. Beim letzten Wurf standen auch noch Robert und Julia Harting neben dem Ring, die Mädels haben danach Spalier gestanden. Besser kann man sich so einen Abschied nicht wünschen. Danke an die ISTAF-Organisatoren, dass sie das ermöglicht haben!“
Während eine Karriere beim ISTAF endete, startete eine andere beim ISTAF so richtig durch. Als 400-Meter-Siegerin steigerte sich Luna Thiel sensationell um fast eine Sekunde auf 51,28 Sekunden. Damit stürmte die Hannoveranerin völlig unerwartet in die europäische Spitze vor. „Ich wusste, dass ich schnell laufen kann, aber so schnell? Es ist unglaublich, bei dieser Stimmung in diesem Stadion zu laufen. Die Zuschauer haben mich richtig gepusht. Es war eine unfassbar schöne Atmosphäre“, freute sich Luna Thiel nach ihrem Lauf in eine neue Dimension. Diesen Leichtathletik-Feiertag wird die 400-Meter-Läuferin so schnell nicht vergessen. Genauso wie die 37.000 Zuschauer am Sonntagnachmittag im Olympiastadion.
Gleich zum ISTAF-Start sorgten die Para-Kugelstoßer für absolute Top-Resultate. F41-Weltrekordler Niko Kappel jubelte im finalen Versuch über 14,27 Meter und damit einen neuen ISTAF-Rekord. Erster Gratulant: Hagan Landry. Der US-Amerikaner verbesserte als Zweiter seinen eigenen Nordamerika-Rekord mit dem ersten 14-Meter-Stoß seiner Karriere auf 14,07 Meter. In der F40-Klasse glänzte Yannis Fischer mit 10,70 Metern. Dem Stuttgarter fehlten nur 49 Zentimeter zu seinem eigenen deutschen Rekord.
Meeting-Direktor Martin Seeber: „Grandios, wie die 37.000 ISTAF-Fans das Berliner Olympiastadion zum Kochen gebracht haben. Absolute Gänsehaut-Atmosphäre! Das Zusammenspiel von den herausragenden Athletinnen und Athleten mit diesem Publikum ist einfach einmalig. Danke an alle, die dieses Leichtathletikfest möglich gemacht haben!“