37.000 Fans feierten beim ISTAF 2022 mit den Athletinnen und Athleten ein fröhliches und emotionales Leichtathletik-Fest im Berliner Olympiastadion. Auf der Zielgeraden dieser besonderen Leichtathletik-Saison glänzten die Top-Sportler*innen mit reihenweise Top-Leistungen – unter anderem bejubelten die Fans Siege von Publikumsliebling Malaika Mihambo, Welt-Leichtathlet Karsten Warholm, Noah Lyles und Valerie Allman, die bei ihrem „All-time favorite meeting“ den Diskus erneut über die 70-Meter-Marke beförderte. Historisch ging es auch beim Para-Kugelstoßen und in der „ISTAF-Fanzone“ zu.
Meeting-Direktor Martin Seeber: „Grandios, wie die 37.000 ISTAF-Fans das Berliner Olympiastadion zum Kochen gebracht haben. Absolute Gänsehaut-Atmosphäre! Das Zusammenspiel von den herausragenden Athletinnen und Athleten mit diesem Publikum ist einfach einmalig. Danke an alle, die dieses Leichtathletikfest möglich gemacht haben!“
Europameister Julian Weber: „Ein Mega-Feeling, hier ins Stadion zu kommen“
Die 37.000 Fans im Berliner Olympiastadion schrien am Sonntagnachmittag so laut, als wollten sie den Speer von Julian Weber (USC Mainz) noch ein paar Meter weiter befördern. Der Europameister, der in Berlin lebt, ließ seinen Speer auf 84,90 Meter segeln. Damit war ihm der Sieg nicht zu nehmen. „Es war ein Mega-Feeling, hier ins Stadion zu kommen. Wenn man so angekündigt und unterstützt wird und weiß, dass jeder im Stadion für einen da ist, dann macht das stolz und spornt an. Ich habe es genossen und die Stimmung aufgesaugt“, strahlte Julian Weber nach seinem ersten ISTAF-Sieg. Auch sein Mainzer Vereinskollege Niklas Kaul mischte bei den Speerwurf-Spezialisten mit. Der gefeierte Zehnkampf-Europameister kam auf 71,34 Meter.
Top-Start von Malaika Mihambo
Wenige Minuten zuvor hatte auch Malaika Mihambo für einen Sieg der deutschen Leichtathleten gesorgt. Die Weitsprung-Olympiasiegerin flog gleich im ersten Versuch auf 6,92 Meter – an diese Weite kam keine Konkurrentin heran. „Es war heute eine Super-Stimmung. Leider waren die anderen Versuche knapp ungültig, die waren sogar noch weiter“, bedankte sich die Weltmeisterin. In dem Weltklasse-Feld mit der WM-Zweiten Ese Brume aus Nigeria (6,78 m, Platz 2), der britischen EM-Dritten Jazmin Sawyers (6,69 m, Platz 3) feierte die Berlinerin Caroline Joyeux eine neue persönliche Bestleistung (6,33 m).
Welt-Leichtathletik und ISTAF-Fan mit Titel-Hattrick
Seinen ISTAF-Hattrick machte Karsten Warholm über 400 Meter Hürden perfekt. Der Weltrekordler aus Norwegen stürmte in seiner typischen Art offensiv vornweg und war mit 47,24 Sekunden absolut ungefährdet. Seinen eigenen ISTAF-Rekord verpasste er nur um 16 Hundertstelsekunden. „Ich liebe das ISTAF. Ich komme nächstes Jahr wieder“, sagte Karsten Warholm. Als Dritter steigerte Joshua Abuaku seine Bestleistung auf 48,55 Sekunden. „Die Atmosphäre war richtig geil. Das unterstreicht, dass die Leute Bock auf Leichtathletik haben“, jubelte der Frankfurter.
Weltklasse im Sprint und in der „ISTAF-Fanzone“
Für Weltklasse-Leistungen sorgten die Sprinter und Hürdensprinter. Zum Abschluss des ältesten Leichtathletik-Meetings der Welt stürmte US-Sprintstar Noah Lyles in 9,95 Sekunden zum 100-Meter-Sieg. Damit steigerte der 200-Meter-Weltmeister seine Saisonbestzeit deutlich. „Noah hat mich gefragt, ob ich ein Leichtathletik-Meeting mit cooler Stimmung kenne. Da habe ich ihm gesagt, dass er unbedingt beim ISTAF starten muss“, erklärte Gina Lückenkemper. Die Doppel-Europameisterin vom SCC Berlin trainiert mit Noah Lyles in Florida und schrieb im Olympiastadion mehrere Stunden lang Autogramme. „Den ISTAF-Rekord dürfte ich damit geknackt haben.“ Die Nachwirkungen ihrer Sturz-Verletzung im Münchner EM-Finale hatte einen Start im Olympiastadion verhindert.
So sprintete über 100 Meter Daryll Neita in glatten 11,00 Sekunden zum Sieg. Mit exakt derselben Zeit hatte die Britin im EM-Finale Rang drei hinter Europameisterin Gina Lückenkemper belegt. Über 100 Meter Hürden kratzte Tobi Amusan am Meetingrekord. Mit 12,45 Sekunden verfehlte die Weltrekordlerin aus Nigeria die ISTAF-Bestleistung aus dem Jahr 1986 von Jordanka Donkowa (Bulgarien) nur um sieben Hundertstel. Grund zum Jubeln hatte auch die einzige deutsche Starterin: Isabel Mayer (LG Telis Finanz Regensburg) freute sich über eine neue Bestzeit von 13,24 Sekunden. Die 110 Meter Hürden entschied Weltmeister Grant Holloway (USA) mit starken 13,05 Sekunden für sich.
Menno Vloon siegt mit Landesrekord – und holt die ISTAF-Trophy
Daryll Neita, Tobi Amusan und Grant Holloway sicherten sich zum Abschluss der ISTAF-Serie mit dem ISTAF INDOOR in Düsseldorf und Berlin sowie dem ISTAF im Olympiastadion die mit jeweils 5000 US-Dollar dotierte ISTAF-Trophy. Sie hatten nach drei Stationen am meisten Punkte gesammelt. Über 100 Meter der Männer ging die Trophy an Arthur Cissé (Elfenbeinküste), der am Sonntag nach starken Hallenrennen im Winter Sechster (10,29 sec) wurde. Im Weitsprung ging der Trophy-Sieg an Malaika Mihambo, während im Stabhochsprung der Niederländer Menno Vloon den Tages- und Trophy-Sieg sowie den neuen Landesrekord von 5,88 Metern klarmachte.
Wieder über 70 Meter: Valerie Allman brilliert beim Abschied von Nadine Müller
Für Valerie Allman wird das Olympiastadion immer mehr zu ihrem Wohnzimmer. Die Diskus-Olympiasiegerin aus den USA warf im letzten Versuch unter dem Jubel der 37.000 Fans die Ein-Kilo-Scheibe auf 70,06 Meter. Es war der fünfte 70-Meter-Wettkampf ihre Karriere – und der zweite in diesem Jahr. Keine andere Athletin hat in diesem Jahr mit WM und EM den Diskus über die 70-Meter-Marke befördert. Nur sie selbst hat weltweit in diesem Jahr weiter geworfen. „Ich bin so glücklich, dass ich nach WM-Bronze beim ISTAF zeigen konnte, wie weit ich wirklich werfen kann. Das ISTAF ist mein absolutes Lieblingsmeeting. Ich liebe das Publikum und das Stadion. Es gibt mir so viel Energie“, jubelte Valarie Allman, die im Vorjahr beim ISTAF mit 71,16 Metern geglänzt hatte.
Zufrieden war auch die Olympia-Zweite Kristin Pudenz (SC Potsdam). Sie belegte mit 65,20 Metern Platz zwei. „Das passt beides, denn technisch war es nicht optimal“, so die EM-Zweite. Emotional wurde es ganz zum Schluss des Diskus-Wettbewerbs. Denn Nadine Müller (SV Halle) war es vorbehalten, den letzten Wurf ihrer langen Karriere als finale Werferin durchzuführen. „Der Kreis schließt sich hier, denn im Olympiastadion hat als WM-Sechste 2009 meine Karriere begonnen. Es hat mega viel Spaß gemacht, auch wenn es tränenreich war. Beim letzten Wurf standen auch noch Robert und Julia Harting neben dem Ring, die Mädels haben danach Spalier gestanden. Besser kann man sich so einen Abschied nicht wünschen. Danke an die ISTAF-Organisatoren, dass sie das ermöglicht haben!“
Luna Thiel läuft in neue Dimension
Während eine Karriere beim ISTAF endete, startete eine andere beim ISTAF so richtig durch. Als 400-Meter-Siegerin steigerte sich Luna Thiel sensationell um fast eine Sekunde auf 51,28 Sekunden. Damit stürmte die Hannoveranerin völlig unerwartet in die europäische Spitze vor. „Ich wusste, dass ich schnell laufen kann, aber so schnell? Es ist unglaublich, bei dieser Stimmung in diesem Stadion zu laufen. Die Zuschauer haben mich richtig gepusht. Es war eine unfassbar schöne Atmosphäre“, freute sich Luna Thiel nach ihrem Lauf in eine neue Dimension. Diesen Leichtathletik-Feiertag wird die 400-Meter-Läuferin so schnell nicht vergessen. Genauso wie die 37.000 Zuschauer am Sonntagnachmittag im Olympiastadion. Alica Schmidt (SCC Berlin) wurde bei ihrer ISTAF-Premiere Dritte (52,33 sec).
400-Meter-Rennen wird zur Familiensache
Das 400-Meter-Rennen der Männer war eine belgischen Familiensache: Dylan Borlée (45,96 sec) und seine Brüder Jonathan (46,02 sec) und Kévin (46,04 sec) liefen auf die Plätze eins, zwei und drei. „Das letzte Rennen der Saison in diesem atemberaubenden Stadion“, jubelte Dylan Borlée. „Gold, Silber und Bronze vor diesem Publikum zu gewinnen, ist etwas ganz Besonderes für unsere Familie. Das ist wirklich großartig.“ Schnellster Deutscher: der Berliner Marc Koch (LG Nord, 46,32 sec) auf dem vierten Rang.
Sam Parsons jubelt im „PB-Rennen“
Der 1500-Meter-Lauf beim ISTAF wurde zum „PB-Rennen“. Gleich sechs Athleten liefen schneller als jemals zuvor. Hinter dem Kenianer Reynold Kipkorir Cheruiyot (3:35,04 min) und dem Briten George Mills (3:35,30 min, PB) lief Sam Parsons (Eintracht Frankfurt) mit neuer Bestleistung von 3:36,22 Minuten auf Platz drei. Auch Hindernis-Spezialist Karl Bebendorf (Dresdner SC 1898; 3:37,97 min, 10. Platz) und Sven Wagner (Königsteiner Leichtathletikverein; 3:38.50, Platz 11) glänzten mit persönlicher Bestleistung.
Der Sieg im Hochsprung der Männer geht nach Mexiko: Edgar Rivera gewann mit 2,23 Metern. Mateusz Przybylko (TSV Bayer 04 Leverkusen), der sich 2018 im Berliner Olympiastadion zum Europameister gekrönt hatte, kämpfte mit Rückenschmerzen und wurde Vierter (2,19 m).
Eva Dieterich glänzt über die 5000 Meter
Die 5000 Meter der Frauen dominierte mit Beatrice Chebet eine Ausnahme-Läuferin aus Kenia. Die WM-Zweite und Siegerin bei den Commonwealth Games siegte beim ISTAF in 14:44,25 Minuten. Die Fans im Olympiastadion verschafften indes auch bei den deutschen Athletinnen mächtig Rückenwind. Die Hindernis-Spezialistin Elena Burkard (LG farbtex Nordschwarzwald; 15:36,89 min) lief als Siebte zu einer neuen Saison-Bestzeit, Langstrecken-Ass Eva Dieterich (Laufteam Kassel; 15:40,16 min) konnte sich dahinter sogar über eine mächtige Steigerung ihrer persönlichen Bestleistung freuen.
Para-Kugelstoßer schreiben Geschichte
Gleich zum ISTAF-Start hatten die Para-Kugelstoßer für absolute Top-Resultate gesorgt. F41-Weltrekordler Niko Kappel (VfB Stuttgart) jubelte im finalen Versuch über 14,27 Meter und damit einen neuen ISTAF-Rekord. Erster Gratulant: Hagan Landry. Der US-Amerikaner verbesserte als Zweiter seinen eigenen Nordamerika-Rekord mit dem ersten 14-Meter-Stoß seiner Karriere auf 14,07 Meter. Zwei Kugelstoßer mit Weiten über 14 Meter in einem Wettkampf – das hatte es zuvor in keinem großen Para-Wettbewerb gegeben. In der F40-Klasse glänzte Yannis Fischer (VfB Stuttgart) mit 10,70 Metern, ebenfalls Meetingrekord. Dem Stuttgarter fehlten nur 49 Zentimeter zu seinem eigenen deutschen Rekord.