Gavin Claypool (16) ist ein großes Talent im Hürdensprint. Und Berlins Nachwuchssportler des Monats April
Riesengroß war die Freude bei Gavin Claypool und seinem Trainer Willi Mathiszik, als sie auf die Anzeigetafel schauten. Beim Einladungssportfest in Chemnitz hatte der 16-Jährige Anfang Februar die Bestzeit seiner Altersklasse über 60 Meter Hürden auf 7,80 Sekunden verbessert. Um genau eine Hundertstel war Claypool schneller als Stefan Volzer 2016. Jener Stefan Volzer aus Fellbach hatte den U18-Rekord ausgerechnet Willi Mathiszik entrissen, der ihn zuvor seit 2001 gehalten hatte. „Es ist sehr schön, dass Gavin die Bestzeit zurück in unsere Trainingsgruppe geholt hat“, freut sich der Coach. Sein schneller Lauf bescherte dem jungen Mann nun auch die Wahl zu Berlins Nachwuchssportler des Monats März.
Claypool wurde 2019 auch schon deutscher Meister
Der elfmalige Berliner Meister startet für den SV Preußen Berlin. Vor dem Rekord war sein größter Erfolg der Gewinn des deutschen Meistertitels 2019 in der Altersklasse U16 über 80 Meter Hürden. Die Disziplin mit den Hindernissen auf der Strecke hat es ihm besonders angetan, „weil es nur einen Lauf gibt, wo alles entscheidend sein kann in 13 Sekunden“. Ein kleiner technischer Fehler, ein etwas zu kurzer oder zu langer Schritt kann das Aus bedeuten. „Man muss alles sehr perfektionieren“, erklärt der junge Mann.
Laut Mathiszik bringt sein Schützling vieles mit, eine erfolgreiche Karriere zu durchlaufen. „Gavin ist ein Sportler, wie man ihn sich wünscht“, sagt er, „ist enorm talentiert, ehrgeizig und motiviert. Er kann Dinge schnell umsetzen und will danach gleich mehr. Er verfolgt klare Ziele.“ Welches große Ziel, ist klar. „Die Olympischen Spiele 2024 wären schön“, sagt Gavin Claypool selbstbewusst, „2028 würde aber auch passen.“ Paris oder Los Angeles – Hauptsache einmal dabei sein beim bedeutendsten Sportereignis der Welt. Und er ist ja noch sehr jung.
Claypool ist deutscher und US-Staatsbürger
Geboren ist Claypool ebenso wie seine vier Jahre ältere Schwester in Edgewood, Kentucky. Sein Vater ist Amerikaner, seine Mutter Deutsche. Weil sie sich in den USA nicht so wohl fühlte, kehrte die Familie gemeinsam nach Deutschland zurück. Gavin Claypool hat die deutsche und die US-Staatsbürgerschaft. Das erklärt seine Liebe zu den Cincinnati Bengals, eine nicht gerade übertrieben erfolgreiche Mannschaft aus der Football-Liga NFL. Aber Edgewood liegt nicht weit entfernt von Cincinnati, „alle in der Familie sind Bengals-Fans“, erzählt der Leichtathlet. Was soll man da machen?
Selbst Football zu spielen, kann er sich jedoch nicht vorstellen. Dann lieber über Hürden flitzen. Sehr schade findet er, dass die U18-EM in Rieti/Italien wegen Corona abgesagt wurde. Bremsen lassen wollen sich Claypool und Mathiszik davon nicht – sie peilen nun eben die U20-EM Mitte Juli in Tallinn/Estland an. „Vielleicht kann ich mich dafür qualifizieren“, sagt der junge Mann. Was schwer ist: Die Hürden sind höher und die Konkurrenten bis zu zwei Jahre älter.
Wenn es nicht klappt, wartet als weiterer Höhepunkt die deutsche Meisterschaft in Rostock im August. Er startet als einer der Favoriten unter Gleichaltrigen. „Dort“, sagt Gavin Claypool, „möchte ich eine Medaille gewinnen.“ Er darf nur keinen Fehler machen.
Dietmar Wenck, Berliner Morgenpost